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Eine Hommage an das LEBEN…

Vor drei Jahren legte mein irdischer Vater seinen Körper ab. Ganz heimlich, still und leise, was ansonsten so gar nicht seine Art war…

Wir wussten schon lange, dass er gehen wollte und dennoch kam das Ende so plötzlich.

Am Morgen stürzte er und zog sich eine Platzwunde am Kopf zu. Meine Mutter musste nicht einmal in ihrer aufgeregten Hilflosigkeit einen Krankenwagen rufen, denn es stand bereits einer vor der Haustür. Ein Nachbar hatte ihn bestellt und doch nicht gebraucht. Stattdessen nahmen die Sanitäter nun meinen Vater mit. Nein, nicht wegen der kleinen Schramme am Kopf, sondern weil er plötzlich verwirrt war. Kurze Zeit später rief er meine Mutter an, denn sie durfte wegen der damaligen Covid-19 Maßnahmen nicht mit in die Klinik. Er sagte ihr: „Mir geht es gut. Ich gehe gleich nach Hause…“, und das tat er dann auch. Nach dem Telefonat schlief er seelenruhig ein und ging heim.

Nun galt es für mich, weiterhin in der Praxis des Kurses zu bleiben. Denn was bringt uns ein Geistestraining, wenn wir nicht anderen Geistes werden und stattdessen in der nächsten Welle absaufen? Natürlich fand ich Wut in mir, weil weder ich noch mein Bruder wegen Corona an das Totenbett durften. Natürlich fand ich Trauer, Verzweiflung usw. Aber das möchte ich hier gar nicht weiter ausführen, denn es ist eine Sache zwischen meinem inneren Lehrer und mir!

Mein Vater war einer der wichtigsten Lernpartner für mich, denn er konnte meine gesamte Klaviatur an Emotionen bedienen. 49 Jahre lang hatte ich mit ihm gelernt und bin schließlich mit ihm geheilt. Im Herbst vor seinem Heimgang gab es einen Augenblick, in dem wir – er und ich – mal kurz unsere Masken abnahmen und uns ineinander erkannten. Das fühlte sich wie das Ende eines Bühnenstückes an. Wir hatten uns alles gesagt, alles vergeben. Danach veränderte er sein sonst so charismatisch einnehmendes Wesen sehr. Ich war jetzt eher für meine überforderte Mutter da, während er – der einstige Patriarch – sich kindlich zurück entwickelte.

In der ersten Nacht nach seinem Ableben sah ich ihn plötzlich deutlich vor mir. Er war sehr jung und voller Kraft und Leben. Er strahlte mich an. Ich erschrak zunächst über dieses unerwartete Bild in mir. Doch mir war sofort klar, dass totale Dankbarkeit angebracht war und nicht Traurigkeit. Mein Weggefährte, mit dem ich eine Verabredung hatte, war wieder frei. Soviel durfte ich mit ihm lernen und habe es auch genutzt – besonders in den letzten Jahren mit ihm.

Mein Vater – eigentlich erzkonservativ – ließ sich für uns, seine irdische Familie, etwas besonders Innovatives einfallen. Er ließ seinen Körper einäschern und in einem Waldstück unter einer Linde beerdigen. Sehr unspektakulär und dennoch wunderbar. Denn am Tag der Beisetzung lag sehr viel Schnee und die Sonne ging gerade auf und schien auf mystische Art durch die schneebedeckten Bäume des Waldes. Die Landschaft, die Atmosphäre und die Unbetontheit dieses letzten irdischen Weges ließen den Tod verblassen. Stattdessen fühlte es sich an wie eine Hommage an das Leben. Ich konnte meinen jugendlich lachenden Papa bei mir spüren und hatte, ebenso wie mein Mann Michael „Halleluja“ Gesänge im Geist. Ja, es ist jetzt drei Jahre her – er ging am 18. Januar – und er wird immer mehr ein realer Teil meines eigenen Geistes. Ich rede nicht mit ihm, sondern fühle ihn einfach als meinen Teil. Während das Leben, das er in Wahrheit ist, so real ist, wird seine körperliche Figur für mich immer unrealer und künstlicher.

Das Licht ist gekommen. Ich habe dir vergeben. Ich habe mir vergeben. Ich habe der Welt vergeben…

…und ich bin sehr glücklich!

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